Bremsentechnologie und Komponenten unter einem Fahrzeug.

Vom KEa zum KEf: Erfolgreicher Generationswechsel für die Digitalisierung des Güterverkehrs

Mit der Einführung der Bremsventil-Plattform KEf startete vor gut vier Jahren die großangelegte Ablösung der Generation des KE-Ventils (KEdv), immerhin seit Mitte der 1950er Jahre im Einsatz. Die neue Generation bietet neue Features für den modernen Güterwagenbetrieb – und schafft obendrein die Grundlage für die so dringend nötige Digitalisierung des Güterzugs. Eine Begutachtung in den Werkstätten nach mehreren Jahren Feldeinsatz geben nun einen ersten Einblick in den Zustand der Ventile.

Carina Smid Marketing Rail

Moosacher Straße 80
80809 München
Deutschland

Tel.: +49 89 3547-182347
carina.smid@knorr-bremse.com

Als im Jahr 1953 das KE-Ventil erstmals eingesetzt wurde hatten die damaligen Ingenieursteams Eisenbahngeschichte geschrieben: Zum ersten Mal war von nun an mit dem damaligen KEa ein Steuerventil unterwegs, das den Bremszylinder stets in der vorgeschriebenen Zeit befüllte sowie entlüftete und zwar unabhängig von der jeweiligen Bremszylindergröße. Doch beim KEa blieb es nicht. Rund 500 Varianten an KE-Ventilen verließen über die Jahrzehnte die Entwicklungsabteilungen respektive Fertigungslinien. Einerseits, weil sich das Ventil zur projektspezifischen Anpassung geradezu anbot. Andererseits, weil mit dem technischen Fortschritt natürlich auch sukzessive Verbesserungen umgesetzt wurden.

Der schlagende Vorteil, dass das Ventil auf diese Weise selbst sehr spezifische Anforderungen von hunderten Bahnbetreibern weltweit erfüllen konnte, wurde jedoch zusehends von zwei nicht minder schlagenden Nachteilen aufgewogen: So führte die Variantenvielfalt in der Instandhaltung zu immer höherem logistischen wie finanziellen Aufwand. Und nicht zuletzt standen die Ingenieure vor einer immer größeren technischen Herausforderung: Sämtliche Weiterentwicklungen mussten stets ins enge Korsett der in den frühen 1950er Jahren festgelegten Bauräume passen. Vor vier Jahren fand deshalb der Auftakt für den Generationenwechsel bei den Bremsventilen statt

Zusammenfassung

Mit der Einführung der Bremsventil-Plattform KEf startete vor gut vier Jahren die großangelegte Ablösung der Generation des KE-Ventils (KEdv), immerhin seit Mitte der 1950er Jahre im Einsatz. Die neue Generation bietet neue Features für den modernen Güterwagenbetrieb – und schafft obendrein die Grundlage für die so dringend nötige Digitalisierung des Güterzugs. Eine Begutachtung in den Werkstätten nach mehreren Jahren Feldeinsatz geben nun einen ersten Einblick in den Zustand der Ventile.

Smartes Baukastenprinzip löst rund 500 Varianten an KE-Ventilen ab

Technologien für den Schienenverkehr, mechanische Komponenten.Technologien für den Schienenverkehr, mechanische Komponenten.
Abbildung 1: KRf-Baukasten beinhaltet Relaisventiltypen für alle Fahrzeuggattungen. Je nach fahrzeugspezifischer Anforderung wird der passende Relaisventil-Typ an den Träger angebaut. Quelle: Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH

Das gänzlich neuentwickelte KE-Ventil wird dabei von einem ebenfalls gänzlich neuentwickelten Baukasten aus einem oder zwei Relaisventilen ergänzt. Dadurch können die Anforderungen unterschiedlicher Fahrzeugtypen mit einem Steuer- und wenigen KRf -Relaisventilen hochflexibel erfüllen. Die einstufigen Relaisventile übersetzen den Vorsteuerdruck in den Bremszylinderdruck in einer festen Übersetzung. Die zweistufigen Relaisventile arbeiten mit zwei umschaltbaren Übersetzungen. Zusätzlich wurde noch eine Variante kontinuierlicher lastabhängiger KRf-Relaisventile mit einer sich kontinuierlich verändernden Übersetzung entwickelt.

In genau dieser Kombinationsfähigkeit liegt der grundlegende Unterschied zur Vorgängergeneration: Dort war für jede Spezifikation ein nahezu einzigartiges Relaisventil mit jeweils einer eigenen Sachnummer ausgelegt und produziert worden – der Grund für die enorme Variantenvielfalt. Obwohl von etwa 500 auf 50 Varianten reduziert, überzeugt das KEf mit einem größeren „Einstellbereich“ für projektspezifische Applikationen.

Der KEf/KRf-Baukasten fokussiert die im klassischen Feldeinsatz erreichbaren 90 Prozent der Kennlinien im Bereich einer Steigung zwischen 0,6 und 1,5. Die Entwickler nahmen aus gutem Grund die geringe Anzahl an Ausnahmen in Kauf: Auf diese Weise lässt sich die Anzahl der T-Federn auf zehn reduzieren, ohne dass Betreiber bei der Abbildung des üblichen Güterwagen-Kennlinienfelds Einschränkungen hinnehmen müssen. Die neuen Sachnummern entsprechen nun den projektspezifisch eingestellten Kennlinienfeldern. In der Fertigung werden sie unkompliziert mechanisch eingestellt.

Diagramm zur Druckabhängigkeit von Bremskraft und Last.Diagramm zur Druckabhängigkeit von Bremskraft und Last.
Abbildung 2: Kontinuierliches, lastabhängiges Relaisventil (Typ C). Für jede T-Feder existiert ein großer Einstellbereich (hier grün gekennzeichnet), mit dem sich viele projektspezifische Druckeinstellungen (hier in Rot dargestellt) ableiten lassen. Quelle: Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH

Alle benötigten Ausführungen setzten sich aus Standardkomponenten zusammen und sind mit einheitlichen Schnittstellen ausgestattet. Ein Konzept, dass sich in der Bremsmechanik am Drehgestell in Form der Kompaktbremseinheit

„TreadAct Freight“ (CFCB ) fortsetzt. Auch beim Fertigungsverfahren wurden mit der neuen Ventilgeneration neue Wege eingeschlagen. Dort hat ein umformendes Aluminium-Gesenkschmieden die einstige massive Sandgusskonstruktion abgelöst. Nicht nur die Gewichtsersparnis hatten die Entwickler dabei im Sinn. Anders als beim Sandguss entfällt bei der Fertigung auch das Reinigungsverfahren zum Entfernen von Sandresten.

Während sich das „alte“ KE-Ventil nur bei eigens angefertigten Speziallösungen in platzkritischen Niederfluranwendungen verbauen ließ, stellt dies beim KEf selbst in der Standardbauform kein Problem mehr dar. Dies wurde unter anderem durch die separate Anbringung von Steuer- und Relaisventil am Träger erreicht. Daraus entsteht – ganz unabhängig vom durchgängigen Standardisierungsansatz – ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei der Instandhaltung und im Ersatzteilmanagement: Die verhältnismäßig kleinen und leichten Steuer- und Relaisventile sind unkompliziert und unabhängig voneinander austauschbar. Der Träger dagegen, der keine zu wartenden und überholenden Teile beinhaltet, bleibt bei der Instandhaltung einfach am Fahrzeug.

Bereits vier Jahre nach dem Markteintritt gelten das KEf und KRf auf dem europäischen Güterwagenmarkt als etabliert. Über 100.000 Einheiten (Steuer- und Relaisventile) befinden sich mittlerweile im täglichen Einsatz. Sukzessive lösen sie die bisherige Ventilgeneration ab. Der Zeitpunkt scheint nunmehr eine Frage der Zeit: Schon heute entscheiden sich Fahrzeughersteller und Betreiber bei der Ausrüstung ihrer Neufahrzeuge häufiger für eine Ausrüstung aus der KEf-Plattform anstatt einer klassischen KE-Variante.

Mehr als 3.000 KEf/KRf-Ventile waren beispielsweise zum vergangenen Jahresende an rund 400 modernen T3000-Taschenwagen des schweizerischen Wagenkonstrukteurs Ferriere Cattaneo unterwegs. Dort überzeugen die Ventile mit hohen Verfügbarkeitsquoten. Im Übrigen war es erst der kompakte KEf-Aufbau, der den Einsatz an den anspruchsvoll konstruierten, niedrigen T3000-Taschenwagen des Herstellers ermöglichte.

Ausgelegt auf die Digitalisierung des Güterverkehrs

Vieles spricht dafür, dass das KEf die Geschichte des Schienenverkehrs entsprechend seiner Vorgängergeneration prägen und begleiten wird. Das Ventil ist als Plattform für Jahrzehnte ausgelegt, auch um sämtliche derzeit im Rahmen der „Digital Freight Train“-Entwicklungen im „Flagship Program 5“ des Europäischen Technologieprogramm Europe’s Rail Joint Undertaking (ERJU) diskutierten Automatisierungserweiterungen unterstützen zu können. Die bereits integrierte Schnittstelle zur Erfassung der Pneumatik-Betriebsdaten ist für dieses Ansinnen zentral. Der neue Datenkanal schafft die Grundvoraussetzung für Anwendungen aus dem Condition-Based-Monitoring über die kontinuierliche Bremsstatusüberwachung durch den Triebfahrzeugführer bis hin zur automatisierten Bremsprobe zur Beschleunigung der Zugvorbereitung.

Perspektivisch wäre aber selbst damit das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: Die Möglichkeit der KE-Integration von Aktuatoren öffnet die Tür für weitere zukünftige Funktionalitäten. Zum Beispiel eine netzwerkbasierte elektropneumatische Bremse.

Autoren: Thomas Petter, Jonas Heller, Steffen Jass

Träger mit KEf Steuerventil sowie KRf Relaisventil und zusätzlicher Sensor-Box.Träger mit KEf Steuerventil sowie KRf Relaisventil und zusätzlicher Sensor-Box.
Abbildung 3: KRf-Baukasten beinhaltet Relaisventiltypen für alle Fahrzeuggattungen. Je nach fahrzeugspezifischer Anforderung wird der passende Relaisventil-Typ an den Träger angebaut. Quelle: Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH

Druckversion

Vom KEa zum KEf: Erfolgreicher Generationswechsel für die Digitalisierung des Güterverkehrs
[PDF, 724,1 KB]
Zurück zur Übersicht: Fachartikel